Wie Firmen-Anteile im Gründer-Team verteilen? Teil 4: Team-Diskussion mit Value-Ansatz

In den vorherigen Artikeln zum Thema habe ich auf die Dringlichkeit der Anteilsverteilung hingewiesen und die Natur von Firmenanteilen dargestellt. In diesem vierten und letzten Teil geht es um konkrete Schritte und Formulierungen für eine gemeinsame Vereinbarung.

Doch wie sollen nun die Anteile zwischen den Team-Mitgliedern aufgeteilt werden?

Dazu gibt es folgende zwei Grundfragen:

  • wie sollen die Mehrheits-Verhältnisse aussehen?
  • wie viel verdient sich jeder einzelne Co-Founder an Anteilen?

Mehrheits-Verhältnisse

Grundsätzlich gilt, dass sich die Gründer nie blockieren dürfen und damit wichtige Entscheidungen verhindern. Das passiert beispielsweise, wenn zwei Gründer jeweils 50% halten, sich aber nicht einig sind.

Ich persönlich halte dies anfangs für nicht so kritisch. Denn wenn sich die Co-Founder nicht einigen und eine Seite eine Entscheidung durchdrücken würde, weil er oder sie die Mehrheit hat, würde der andere extrem demotiviert werden. Keine gute Grundlage für die weitere Entwicklung des Startups. Vor allem, wenn es noch nicht läuft und alle Vollgas geben müssen. Schwierig kann es nur werden, wenn die Firma wächst bzw. irgendwann Investoren dazukommen.

Um sich zu Beginn der Gründung nicht zu viel Aufwand zu machen und sich in ungleichen Anteils-Verteilungen zu verkämpfen, wer nun z.B. 2% mehr bekommen sollte, würde ich Folgendes vorschlagen:

  • eine paritätische Aufteilung, also 50:50, falls das gerechtfertigt ist – siehe dazu unten den „Value-Ansatz“
  • dazu ein einfaches, unkompliziertes Dokument ausarbeiten, wie der Entscheidungs-Prozess ablaufen soll, so dass es am Ende immer eine Entscheidung gibt.
  • Das kann bedeuten, dass man zuerst einen Dritten als Moderator einbezieht; falls das nicht wirkt, wiederum einen anderen Dritten, dem beide vertrauen, eine weitere Voting-Stimme gibt; bis hin, dass gelost wird.
  • Hier kann man sich also viel überlegen. Man baut sozusagen für die Zukunft vor, ohne dass es vielleicht (deshalb) jemals zum Schwur kommen muss. Damit kann auch vorgebeugt werden, dass ein Investor einen (notgedrungen) entzweien könnte.

Anteils-Höhe der Co-Founder mit dem Value-Ansatz

Wie bereits erwähnt, ist das zentrale Problem, dass man zu Beginn der Gründung nicht wissen kann, wer sich wie einbringt. Oder gar vorzeitig ausscheidet.

Um die Anteile einigermaßen gerecht zu verteilen, jetzt und insbesondere in der Zukunft, empfehle ich den Value-Ansatz. So kann das Konflikt-Potential verringert werden. Das Startup bleibt damit handlungsfähig.

Im Kern bedeutet es, dass sich jeder und auch die anderen die Frage stellt, was ist der Beitrag? Was ist der Value eines jeden einzelnen für das Ganze? Neudeutsch:

„Why me? Why you?“

Nun geht es nicht darum, rhetorisch und taktisch zu glänzen, um am meisten für sich herauszuschlagen. Ziel der Fragestellung ist es, bei jedem einzelnen ein Bewusstsein zu schaffen, dass sich alle immer und immer wieder fragen,

„wie wichtig bin ich aktuell noch und künftig für den Erfolg der Firma?“

Hintergrund

Nur weil jemand die Geschäfts-Idee hatte, den ersten Kunden geholt, das Produkt maßgeblich designend hat, usw., bedeutet das eben nicht, dass jener die meisten, geschweige immer noch die erworbenen Anteile verdient hat, die bei der Gründung zugeteilt wurden. Vielleicht arbeitet derjenige weniger, hat kaum Impact, konnte seine einzigartige Rolle im Gründer-Team nicht finden.

Dann wird dieser Co-Founder über kurz oder lang Unbehagen spüren oder die anderen werden ihn dies spüren lassen. Es entsteht nämlich eine Asymmetrie zwischen Leistung und Kompensation.

Das kann subjektiv sein. Falls jedoch ein Co-Founder wirklich ersetzbar ist, hat dieser faktisch keine Berechtigung als Gleicher unter Gleichen. Das mag hart erscheinen, aber so läuft es im Leben. Wenn z.B. ein Elternteil den anderen mit dem Baby nicht mehr ausreichend unterstützt, warum soll das Gericht bei der Scheidung beide bzgl. des Sorgerechts gleich behandeln?

Die meisten überschätzen gerne ihren früheren Beitrag für die Firma. Jeder Vertriebs-Mitarbeiter in einem Konzern kennt das:

Es gibt keine Gnade für den High-Perfomer im letzten Jahr, wenn er dieses Jahr mit seinen Umsatz-Zielen short ist.

Deshalb sollte jeder im Team verinnerlichen:

99,99% der Arbeit zum erfolgreichen Startup liegen noch vor dem Team, also in dem absoluten Engagement und Aufopferung in den nächsten 5-10 Jahren.

Die Vergangenheit und die bisherigen Leistungen, vor allem wenn weniger als zwei Jahre seit Gründung, sind daher tendenziell vernachlässigbar.

Entscheidend ist, was man in Zukunft leistet, bis die Firma richtig viel Geld verdient.

Nun will manchmal ein Co-Founder, der aus irgendwelchen Gründen low-performt, nicht so leicht die eigenen Anteile kampflos aufgeben. Meist herrscht hier eine verschobene Wahrnehmung, man würde noch gebraucht oder ungerecht behandelt werden.

Aus diesem Grund sollte jeder der Gründer noch vor der Gründung Folgendem zustimmen:

  • wenn ich aus irgendeinem Grund nicht mehr so viel Einsatz und Motivation zeige, ausscheide oder eine Pause mache, werde ich freiwillig und zeitnah (fast) alle Anteile zurückgeben.
  • mir ist klar, dass ich, meine Co-Founder und das Startup einem ständigen Wandel unterliegen. Deshalb ist es auch ok, wenn ich oder jemand anderes ausscheidet. Dabei sollte jedoch auf die Interessen der Firma geachtet werden und es müssen evtl. Überbrückungs-Lösungen gefunden werden, wobei alle mithelfen.
  • ich werde die anderen rechtzeitig informieren, wenn ich einen nachhaltigen Leistungs-Abfall spüre.
  • ich werde keinen Eklat verursachen. Wir gehen zum Notar, gehen in Freundschaft und Respekt auseinander, das wars.

Das Ganze kann man technisch flankieren, indem man dem Ausscheidenden zwar alle Equity-Anteile abnimmt, jenem dafür alternativ virtuelle Anteile in geringerer Höhe (also ohne Stimmrechte) gibt. Vor allem, wenn jener (übergangsweise) mitwirken möchte oder sollte, um den Übergang bestmöglich zu meistern.

Wie kann ein Team-Meeting zur Anteils-Klärung ablaufen?

  1. Zuerst sollte jeder verstanden haben, dass das Thema Anteile schnellstmöglich diskutiert wird.
  2. Im nächsten Schritt diskutieren alle Team-Mitglieder in einem Präsenz-Meeting (nicht online).
  3. Falls es sich abzeichnet, dass es schwieriger werden könnte, idealerweise mit einem externen Moderator, der keine zu nahe stehende Person eines einzelnen Team-Mitglieds ist.
  4. Dann wird ein einfaches Dokument aufgesetzt, das folgende Kriterien je Team-Mitglied abcheckt und mit S/M/L bewertet, wobei z.B. „L“ eben für Large, also ausgeprägt steht.
    • Commitment über mind. 5 Jahre Vollzeit
    • Höhe der finanzielle Einlage
    • Visions-Träger (L), -Treiber (M) vs. -Mitmacher (S)
    • Innehalten einer für das Startup in der jetzigen Phase (!) essentiellen Rolle, die kein anderer abdecken könnte
  5. Darauf basierend werden Prozente verhandelt. Jetzt gibt es nämlich Argumente, nicht nur Emotionen!
  6. Haben einige Co-Founder, aufgrund ihrer S oder M Bewertungen, ein zu geringes Commitment, können diese statt Eigentums-Rechte auch stattdessen virtuelle Anteile erhalten; d.h. dann incl. Vesting, Cliff, etc.
  7. Ihr ergänzt dies im Dokument, in das noch unten stehende Formulierung (in ähnlicher Form) mit berücksichtigt.
  8. Im Anschluss unterschreibt jeder einzelne und erhält eine Kopie.
  9. Zu guter Letzt wird vereinbart, welche Person im Team verantwortlich ist, einen Notar-Termin innerhalb der nächsten zwei Wochen zu vereinbaren. Der Termin sollte dann in den nächsten 3-6 Monaten stattfinden. Es gibt also einen festen Termin, auf den alle hinarbeiten und somit ihre Emotionen spüren. Denn es geht hier erstmals ums Geld, z.B. für die Stammkapital-Einlage. Dabei trennt sich schnell die Spreu vom Weizen! Ein guter und effektiver Stimmungs-Barometer. Auch ob man sich selbst und den anderen was vormacht.

Beispiel einer Formulierung für das gemeinsame Anteils-Dokument

„Gemäß unseres Commitments für die Firma, werden wir die Anteile aufteilen [selbst wenn der Gang zum Notar zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt].

Folgender Vorschlag für die Anteilsverteilung je Teammitglied, wie sie aus dem aktuellen Engagement und Motivation der Co-Founder gegeben ist: [Person 1 bekommt x% Anteile, Person 2 y%, usw.]

Darüber hinaus stimmen alle überein, dass bei vorzeitigem Ausscheiden eines Gründers aus der Firma – z.B. weil andere Ziele, Team-Probleme, keine bestimmende Rolle gefunden wurde, etc. -, derjenige [alle bzw. x] erworbenen Anteile zurückgibt, [maximal aber y% behält; eine Mini-Abfindung zum Wert von z€ bekommt],, ohne dass es zum Eklat kommt. Alle bemühen sich intensiv eine für die Firma (!) optimale Lösung zu finden. Das daraus folgende Zurückstecken eines Einzelnen ist common sense. Wir bemühen uns immer, als Freunde auseinander zu gehen, selbst wenn es beruflich nicht gepasst hat.

[Für die Team-Mitglieder, die sich nicht voll committen wollen oder können, d.h. nicht vorwiegend „L“ angegeben haben, werden keine Equity-Anteile vergeben, sondern ein Virtuelles Beteiligungs-Programm aufgesetzt. Außerdem wird ein Vesting mit einer Laufzeit von [vier] Jahren [und ein Cliff von zwei Jahren] angesetzt.]…

Vorteil eines solchen Verfahrens und mentale Einigung ist, Ihr müsst keinen finalen Vertrag bauen. Also auch nicht unmittelbar zum Notar. Es ist eine Absichts-Erklärung, die auf Ehre und dem Bewußtsein basiert, dass es auf die (künftige) Leistung ankommt.

Keiner kann am Ende ohne Gesichtsverlust sagen, dass das so nicht besprochen war.

So vermeidet man später den existentiellen Ehe-Krach und braucht dabei zum jetzigen frühen Zeitpunkt noch keinen Ehe-Vertrag – auch wenn dieser (mit dem Notar-Termin) nicht zu lange auf sich warten lassen sollte.

Noch etwas: Manche Teams trauen sich nicht, kritische Punkte anzusprechen. Hier kommt das Problem der Harmonie-Sucht ins Spiel.

Daher hofft mancher auf die Erlösung durch Dritte. Ich warne aber davor, lasst es nicht darauf ankommen, dass Ihr sehnlichst einen Investor als Retter herbeiruft, der Eure Probleme, resultierend aus Unfähigkeit, lösen soll.

Es kommt nicht selten vor, dass ein Geldgeber (zu Recht) rigoros durchgreift, mit heimlicher Zustimmung einiger Team-Mitglieder. Die ehemaligen Gründer-Freunde sind dann oft keine mehr. Das muss nicht sein!

Mein Angebot: ich helfe gerne als Moderator/Mediator

Falls das Team Unterstützung braucht, kann ich den Prozess gerne helfen zu managen. Kommt einfach auf mich zu. In ca. vier Stunden ist das Thema meist erledigt. Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, die Zukunft des Unternehmens gut aufgestellt zu haben.

Noch ein Hinweis:

Diese Vorgehensweise ist meine persönliche Empfehlung. Ich bin kein Rechtsberater. Diesen Beistand solltet Ihr Euch in letzter Instanz immer holen, falls rechtliche Fragen auftreten oder bindende Verträge gestaltet werden sollen. Ich kann auf Wunsch hier auch Empfehlungen für Anwalts-Kanzleien geben, die die nämliche Expertise aufweisen.

Bleibt mir noch zu sagen:

„Packt das Thema Anteile asap an, führt die Diskussion im Sinne der Firma, löst die Challenge intelligent (z.B. mit dem Value-Ansatz) und versucht immer Freunde zu bleiben!“

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