Zugegeben, der Titel ist etwas reißerisch. Dennoch bin ich fest überzeugt, dass Dir der folgende Tipp in Deiner Angestellten- oder Gründer-Karriere einen unerwarteten Schub beschert. Natürlich, falls die dazu nötige Entscheidung für Dich tragbar ist. Du solltest Dir nur um die Konsequenz und Chancen der folgenden Strategie bewusst sein, die für Menschen in Anstellung ebenso gilt, wie für Startups.
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Da ich nun mehrere Jahrzehnte Entrepreneurship mit B2B-Sales vereine, fokussiere ich das Thema Vertrieb für Startups.
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Vertical vs. Horizontal
Wenn man von „Vertical“ spricht, meint man die Branche, die Industrie.
Beispielsweise „Automotive“ oder „Pharma“. Vertical deshalb weil in den BWL-Charts, um z.B. Firmen zu klassifizieren die Branchen die Ordinate eines x-y-Diagramms darstellen.
Horizontale sind dann auf der x-Achse die Fachbereiche, die in nahezu jeder Branche vorkommen: z.B. HR, R&D, Einkauf, etc.
Buzzwords & Trends
Wenn plötzlich Leute, ohne wirklich Ahnung zu haben, von AI, VR, Med-Tech, Metaverse, etc. sprechen, dann weiß man: jetzt könnte in diesen Themenfeldern was gehen.
Ja richtig gehört! Weil alle Stakeholder von VCs, Kunden, Politik, etc. diese Themen nun oberflächlich kennen, ist es ein Trend und es gibt deren „buy-in“. Man muss sich (später) nicht mehr rechtfertigen, wie man auf so ein Pferd aufsteigen konnte, schließlich machte es ja jeder.
Dabei gab es in der Vergangenheit viele Luftnummern. Nicht wenige Buzzword-Trends haben nicht das versprochen, was man sich davon erhofft hat. Mancher Hype ist schnell verflogen oder stark in den Hintergrund der Wahrnehmung geraten – Investoren sind dann kaum mehr bereit den Geldbeutel zu öffnen und die Presse interessiert sich nicht mehr wirklich für Dein Startup.
Trend is your friend!
In meinem Seminar an der TU München gibt es fast jedes Jahr ein Thema, das die Startups von sich aus wie die Sau durch den Stall treiben. Ob Apps, Social-Media, AR, VR, Lieferdienste, AI, Clima-Tech, Krypto, immer war es gerade der Hot-Shit des Zeitgeists auf den dann die meisten aufspringen. Wie oben beschrieben, zu recht!
Wirklich viele Erfolgsgeschichten gibt es dennoch vergleichsweise selten.
Was erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit?
Wenn es funktioniert, dann weil ein Startup im B2B eine bestimmte Branche für sich entdeckt hat.
Der Clou ist, dass Horizontals nur meist indirekt durchstarten. Nämlich wenn sie auf eine Branche fokussiert sind oder, noch besser, eine Branche im Trend aufgreift. Damit meine ich nicht einen Branchen-Trend, nein wirklich, dass eine Industrie gerade trendy ist.
So ist beispielsweise PropTech gerade in aller Munde. Investoren werfen hier Geld ohne Ende in den Markt. Warum? Weil es mit Horizontalen wie AI, AR, VR kombiniert wurde und nun einen gravierenden Unterschied in der Innovation macht. Gleichzeitig hat jetzt selbst jeder Bauherr schon mal von der ominösen, Wunder-heilenden KI gehört.
Die Startup-Rakete schlechthin sind Vertical-Trends, die mit nachhaltigen, horizontalen Trends gehebelt werden.
Andere Beispiele der Kombination aus Vertial-Trend mit einem (ehemaligen) Horizontal-Trend:
- Automotive mit Lithium-Ionen-Batterie-Technik
- MedTech mit mRNA
- DefenceTech mit AI oder Robotik
Vertical = 10x Horizontal
10x ist vielleicht etwas übertrieben für eine Angestellten-Laufbahn. Hier handelt es sich eher um ein 2x, also die Chance ein zweimal höheres Gehalt zu haben als jemand, der für verschiedene Industrien arbeitet.
Für Startups halte ich 10x jedoch für mehr als realistisch bzw. sogar Erfolgs-entscheidend. D.h. wer ein Startup in einer und nur für eine Branche gründet, hat einen immensen Markt-(Eintritts-)Vorteil.
Warum ist das so?
- Stallgeruch: man spricht die Sprache der Industrie, weiß wie die Protagonisten dort ticken, teilt das gemeinsame Leid oder Leidenschaft, erhält einen Vertrauens-Vorschuss, usw.
- Markt-Know-how: wer in einer Branche unterwegs ist, wird schnell zu Trends mitreden können, den Jargon selbst sprechen und sich als Kenner vertrauensvoll darstellen können.
- Netzwerk: wer lange in einer Branche ist, kennt Leute und man wird gekannt.
- Empfehlungen: Lösungen, die innerhalb eines Verticals funktionieren sind die besten Referenzen. Einen Autohersteller interessiert selten, ob eine Chemie-Firma mit Deinem Produkt richtig erfolgreich ist. Zumindest nicht, bis Du durchskalierst bzw. eine bekannte Marke entwickelt hast.
- Familie: es gibt vorwiegend Branchen-Treffen (z.B. IFA), seltener wirklich große horizontale Themen-Events. Vor allem empfinden sich über die Zeit die meisten, die viele Jahre im Geschäft sind als eine Art Community. Schließlich wechselt man ja oft auch zum Konkurrenten und will sich alle Job-Chancen offen halten. Daher ist man tendenziell auf Messen etc. nett untereinander, man weiß ja nie…
- Experten-Status: wer 20a und mehr konsequent in einer einzigen Industrie war, ist mit allen Wassern gewaschen und stellt eine vertrauensbildende Konstante dar. Ganz zu schweigen davon, dass jener viele unterhaltsame Geschichten von Leuten erzählen kann, die diese wiederum ebenso kennen – Storytelling vom Feinsten! Außerdem wird man in Bezug auf den Markt, Technologie, Prozesse, etc. wirklich sehr fit und zum gefragten Experten.
Es gibt noch weit mehr Vorzüge, sich in einer Branche sein Leben lang zu verdingen und nicht in eine andere fremde Branche abzuwandern. Die meisten, die in ihrer Industrie unzufrieden sind, unterschätzen, dass es in fast allen Branchen ebenfalls schwierig ist. Dort nerven unter Umständen auch die anstrengenden Kunden, der Chef und es gibt Kollegen, die man nicht so gern mag.
Horizontal ist under-performing
Paradoxerweise denken viele Generalisten und Gründer gerne im gegenteiligen Modell: Ja nicht einschränken lassen, sich viele Optionen offen halten, die Anzahl potentieller Kunden hoch halten, etc.
Und es gibt ja Erfolgsbeispiele von „Horizontals first“: Software-Entwickler, die als Freiberufler in einer technischen Spezialisierung verschiedenste Kunden aus nicht miteinander verwandten Bereichen haben. Auch Amazon verkauft alles, Microsoft in jede Industrie, Personio (HR-Software) nutzen Firmen branchenübergreifend,…
Doch Vorsicht! Wenn ein Nachfrage-Überhang für ein nicht ausreichendes Markt-Angebot besteht, was nur selten der Fall ist (z.B. Ingenieure), dann kann es so wirken, als ob eine Branchen-Ausrichtung irrelevant ist. Doch auch hier bekommt man leichter mehr Aufträge mit höherem Tagessatz, wenn man auf ein-zwei gute Brachen maximal spezialisiert ist.
Die Multi-Konzerne haben ebenfalls fast alle anfangs nur eine einzige Branche adressiert. Sobald dieser Industriezweig, meist in sehr tiefer Nische (z.B. Impfstoffe für Corona-Viren), so viel Geld hereingespult hatte, konnte man sich das Wagnis erlauben, weitere (Teil-)Branchen nacheinander zu erobern. Wohlgemerkt oft mit vielen Misserfolgen, die dank des initial gelungenen Branchen-Erfolgs gegenfinanziert werden konnten, ohne vorzeitig insolvent gegangen zu sein.
Vertical rocks für Angestellte & Gründer
Zusammenfassend für alle, die in einem Job sind bzw. ein Startup ihr eigen nennen (wollen):
Der dringende Appell für Angestellte: bleib in der Branche, wenn sie Dir einigermaßen gefällt und diese nicht (!) auf dem absteigenden Ast ist. Bist Du unzufrieden, suche Dir entweder einen anderen Job in der Firma oder einen anderen Arbeitgeber. Aber bleib in der Industrie, falls möglich! Das andere Ufer erscheint immer grüner, aber nur, wenn man sich nicht auskennt und naiv ist.
Ein Branchen-Wechsel kann natürlich Lifestyle-bedingt sein. Die Yoga-Lehrerin, die vorher bei BMW im Einkauf gearbeitet hat. Oder der ehemalige Manager, der aufgrund eines Burnouts vom Hobby- zum Profi-Imker wurde.
Es muss einem nur klar sein, dass damit meist auch größere, bleibende Gehalts-Einbußen verbunden sind – nicht mehr und nicht weniger. Es ist eben eine Lebens-Entscheidung, selten eine für die finanzielle Besserstellung.
Das kann in Ausnahmen natürlich auch (finanziell) gut gehen. Gerade in Zeiten des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umbruchs. Vor allem wenn man z.B. in der Gastronomie gearbeitet hat und nun wegen Kurzarbeit in den Supermarkt umgeschult hat.
Vertical-Orientierung ist der Schlüssel für Startups
Als Gründer kann man natürlich auch horizontal starten. Das machen (leider) die meisten. Man hat eine Lösung und sucht dann ständig nach Kunden, die das wollen könnten. Manche stochern dann bist zum Product-Market-Fit ängstlich herum. Wenn man diesen, wenn überhaupt, gefunden hat, weil eine Zielgruppe endlich bereit ist, gerne und gut zu bezahlen, dann kann man von Glück sprechen. Oft ist dies nicht von Erfolg geprägt.
Tipp für Startups: bemühe Dich bei Markt-Eintritt so intensiv wie möglich, auf ein einziges Vertcial zu fokussieren! Eines wo man sich auskennt, wohin man einen Zielgruppen-Zugang bzw. Netzwerk hat. Am besten mit einer positiven bzw. absehbar guten Markt-Entwicklung in den nächsten Jahren. Wenigstens aber, was einen am meisten interessiert und wo man die Menschen (als Kunden) mag.
Sofern eine klare Branche noch nicht heraussticht oder sich das Gründer-Team mental noch nicht auf eine Industry committen will, kann auch die Strategie verfolgt werden, breit zu starten um sehr bald spitz zu werden.
Ähnlich z.B. zu einer Google Marketing-Kampagne, in der man aus Unkenntnis mit vielen Keywords startet, um herauszufinden, welche wenigen eigentlich funktionieren. In Folge ersteigert man nur noch die wenigen gewinnbringenden Wörter.
Wer letztendlich ein vielversprechendes Vertical für seine (horizontale) Lösung findet, wird den Unterschied fast immer deutlich spüren. Das Mantra sollte daher für jedes Startup sein:
Wenn wir ein Vertical finden sollten und (mental) committen können, dann gilt: all in – until it flies!
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