„Mit Online Marketing schnell viele Kunden gewinnen!“, so oder so ähnlich liest man oft in den digitalen Kanälen, in denen „Experten“ ihre Leistungen verkaufen möchten. Nur, so einfach ist es nicht.
Wie im vorangegangenen Artikel „Teil 1: Kunden-Gewinnung für Startups“ beschrieben, besteht der Dreiklang aus Marketing, PR und Sales. Als Startup gilt es, sich für einen der drei Bereiche zu entscheiden und idealerweise zu 100% auf einen Kanal darin zu konzentrieren.
Wann funktioniert Marketing als Kanal?
Selbst habe ich im Marketing, online wie offline, für meine Firmen und Projekte viel ausprobiert. Content-Marketing, Ads auf Google, Facebook, Instagram; SEO und LinkedIn, usw.
Auch offline: Messe-Stände, Flyer, Speaker-Engagements,.. you name it. Und weißt Du was? Kein einziges hat geknallt. Und ich würde sagen, dass ich das jeweils recht intensiv einige Monate durchgezogen haben, incl. ganzem Team.
„Nun kann man sagen, „der Chris hat es halt nicht drauf!“. Das kann schon stimmen und ist in gewisserweise auch richtig (siehe unten). Weil meine eigene kognitive Dissonanz das aber nicht ganz akzeptieren will, habe ich als Schutzfunktion für mich – und vielleicht auch für Dich, falls es bei Dir bisher auch noch nicht mit großem Erfolg geklappt hat – folgende Erklärungen und Hypothesen, wann Marketing – online, offline oder im Mix – überhaupt (nicht) funktioniert:
- Du brauchst ne Menge Budget: mind. 10k€ pro Monat, besser 50-100k€; sonst verpufft fast jede Aktion. Im Online-Marketing pushen einen die Algorithmen erst mit gewaltigem Budget – das ist so gewollt, weil das Geschäftsmodell der Anbieter. Da das kaum ein kleines Startup hat oder der Gründer hier sein Erspartes plündern müsste, schreien jene, die auf Marketing setzen, als erstes ganz laut nach Investoren. Doch diese kommen nicht! Sie wollen zuerst ein starkes Wachstum sehen, bevor sie investieren.
- Alternative: Du bist eben ein krasser Marketing-Checker oder hast als solchen einen Co-Founder (nicht Mitarbeiter!): d.h. Du musst wenigstens einen spezifischen Kanal (z.B. Instagram-Ads) virtuos beherrschen, um kein Minus zu machen und auch langfristig weiter gegenüber der Konkurrenz bestehen zu können. Wenn man nicht wie unter 1) das Geld dazu hat, Jahre durchzuhalten, hast Du keine Möglichkeit so lange und intensiv zu lernen, dass Du es drauf hast, um in höhere Sphären zu stoßen. Startups, die sich über Marketing aufbauen, haben daher immer einen (Co-)Founder an Board, der bereits Millionen und Aber-Millionen Euro in früheren Unternehmen oder besser in entsprechenden Agenturen für Marketing oder in anderen Startups ausgeben durfte – d.h. kein eigenes Geld, sondern mit dem Geld anderer lernen durfte, incl. deren Know-how & Tricks. Aber Achtung: das gilt nicht unbedingt für Corporate-Marketers. Wer Marketing für größere Firmen gemacht hat, kann das nicht unbedingt in seinem Startup! Entweder weil das gewohnt hohe Budget fehlt; und vor allem, weil die Marke bei einem Startup als zentraler Hebel für das Marketing wegfällt – das unterschätzen die meisten, die in Corporates erfolgreich waren, dass es größtenteils der Brand und nicht das eigene Können ist. Da hat sich schon mancher Konzern-Marketier als gewaltiger Rohrkrepierer im Startup herausgestellt!
- Falls das Marketing ohne Vorerfahrung der Gründer dennoch im Startup funktioniert haben sollte, dann a) weil einer der Gründer doch ein verdecktes Talent zum Marketer hat und 10x auf die Straße bringt – sehr selten – oder b) man einfach einer der ersten war, der (zufällig) einen Trend erwischt hat (z.B. bestimmte Google Keywords, die bisher unbeachtet waren) oder c) einen komplett neuen Kanal antizipiert (z.B. neue Plattform) und gleichzeitig das Talent (im Team) mitgebracht hat, nicht nur die Chancen als Erster zu erkennen, sondern auch nachhaltig schnell zu nutzen – noch seltener. Influencer der ersten Stunde auf Instagram & Co wissen um Ihr außerordentliches Glück! First Mover sind daher oft aggressiv oder demütig, wenn man sie auf ihren Erfolg anspricht. Denn vielleicht war es eben mehr das Dusl „richtiger Ort & Zeit & xxx“, als die eigene, viel beschworene Genialität.
Aufs Glück zu setzen ist jedoch aus meiner Sicht keine Option für Gründer! Die Wahrscheinlichkeiten sind minimal, da kann man gleich Lotto spielen.
Für wen ist Marketing etwas?
Ob Online über Social-Media, Google-Ads bzw. SEO, Newsletter, Banner in News-Seiten und Magazinen; oder ob auf offline Events, in Print-Werbung, Messen usw. – Marketing gelingt strategisch nur, wer unter 1) oder 2) fällt. Diejenigen sollten dann Marketing als Hauptkanal fokussieren. Insbesondere, wenn es sich um B2C handelt. Daher sind bekannte Erfolgs-Beispiele fürs Marketing-first oft Startups im Online Handel wie z.B. Rocket Internet.
Letzten Endes wird jeder Gründer auch das Produkt, die Zielgruppe und das Geschäftsmodell berücksichtigen müssen in Bezug auf den Kern-Kanal. D.h. selbst wenn man Experte für LinkedIn-Content-Marketing ist, so kann es sein, dass dies NULL bei der Kunden-Akquise hilft, wenn man ein Amazon-FBA Produkt hat. Dann gibt es nur zwei Optionen:
- entweder einen funktionierenden Kanal finden, was mit vielen Schmerzen verbunden sein kann, zu lange dauert und teuer werden kann;
- oder besser, Du entwickelst gleich ein Produkt bzw. Dienstleistung, das Kunden genau über den Kanal erreicht, den Du sehr gut beherrschst.
Fazit
Marketing ist nicht für jeden Gründer das Richtige. Da am Ende eh fast alle Startups, die überleben ein B2B-Modell gefunden haben (aus meiner Sicht trifft das auf über 90% zu), ist Marketing nicht unbedingt die beste Strategie für Startups. Vor allem nicht in der Anfangszeit.
Klar, später kann und muss Marketing in Deinem Unternehmen aufgenommen werden und funktionieren – meist dann flankierend z.B. zu Sales. Ähnlich verhält es sich mit der PR- und Presse-Arbeit. Diese wirkt fast immer flankierend, kann aber auch in Ausnahme-Fällen den Haupt-Kanal darstellen. Wann das der Fall ist und wie PR gelingen kann, im nächsten Beitrag.
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